Still Video Kameras sind keine Digitalkameras

Der herkömmliche Fotoapparat, der mit einer Filmrolle oder Filmdisk (Kodak Disc) arbeitete, war (und ist) ein rein analoges Gerät. Selbst die Kameras, in denen später Mikroprozessoren und CPU’s Einzug hielten, arbeiteten rein analog (Canon AE-1). Mitte der 1980’er Jahre erschienen dann die ersten freiverkäuflichen Still Video Kameras (sog. Standbild-Kameras). Die Filmrolle wurde dabei durch einen Bildsensor ersetzt. Mit anderen Worten wurde nicht mehr der Film sondern der Bildsensor (CCD, MOS) belichtet. Als Speichermedium nahm man die durch Sony erfundene Video Floppy Disk, eine kleine zwei Zoll Plastikdiskette mit einem Magnetdatenträger. Jetzt kommt der Clou: bis zum Erscheinen der ersten Konsumenten Digitalkameras (1990-1994) sprach die Welt lediglich von Still Video bzw. Standbildkameras (oder auch Solid State Kameras, filmlose Kameras etc.) Keiner aber auch wirklich keiner bezeichnete damals diese Kameras als Digitalkameras. Diese frühen Modelle waren alles Nischenprodukte, wurden auf Verkaufsportalen im Internet und in Fachzeitschriften als Computerzubehör angeboten.
 
1995 kam dann der erste Digitalkameraboom, gezündet durch der Casio QV-10. Digitalkameras wurden für (fast) jedermann erschwinglich, die digitale Mavica von Sony wurde gar zum Massenmarktartikel (Marktanteil über 40%!). Ab diesem Zeitpunkt tauchten auch die ersten Verwechslungen auf und die frühen Still Video Kameras wurden fälschlicherweise als Digitalkameras bezeichnet. Manche waren eben der Meinung (und sind es sogar heute noch) dass ein Bildsensor synonym steht für „digital“. Das rührt von der Unwissenheit her über die Funktionsweise eines Bildsensors. In einer Still Video Kamera gibt es keine digitalen Komponenten. Von der Bildkomposition bis zur Speicherung auf dem Magnetdatenträger sind die Vorgänge rein analog (elektrisch). Man könnte also hergehen und tausende Webseiten mit dieser Information füllen und hunderte Wikipedia Einträge korrigieren, die Menschen werden auch in Zukunft die Still Video Kameras als Digitalkameras fehlinterpretieren. 
 
Dabei ist das Hauptmerkmal einer Digitalkamera der Analog-zu-Digital Wandler (A/D-Wandler). Dieser wandelt die analogen, elektrischen Bildsensorsignale um in digitale Daten. Diese landen dann meistens in einem Zwischenspeicher, werden anschliessend durch den Bildprozessor gejagt und als digitale Bilder im internen oder externen Speicher dauerhaft abgelegt (ausser bei einigen alten oder billigen Geräten wo der interne Speicher geleert wird wenn die Stromversorgung unterbrochen wird). Bei einer Still Video Kamera fehlen zudem der Analog-zu-Digital Wandler und der Bildprozessor. Die Szene wird vom Sensor eingefangen, in den internen Zwischenspeicher abgelegt und dann entweder als analoges Signal auf Video Floppy Disk oder auf ein anderes externes Medium abgelegt (Videoband etc.). Bei einigen Still Video Kameras konnte man die Kamera an einem PC oder MAC mit einer sog. eingebauten Framegrabber oder Video-Digitizer-Karte anschliessen. Diese digitalisierte dann das analoge Bild und speicherte es digital ab.